Digitale Steuerung

Als ich 2012 meine alte Modelleisenbahn wieder aufgebaut hatte, war ich zunächst davon ausgegangen, dass ich die Anlage mit klassischer, also "analoger" Steuerung betreiben würde.

Ich habe wenig Sinn darin gesehen, die Anlage komplett zu digitalisieren, vor allem aber hatten mich die enormen Kosten bei einer Anlage dieser Größe erschreckt.

Naja, aber wozu hat man denn E-Technik studiert...

Das Problem

So richtig überzeugt, dass eine digitale Steuerung sinnvoll sei war ich eigentlich erst, als ich es nicht schaffte, eine gebraucht gekaufte BR03 sinnvoll auf der analog gesteuerten Anlage laufen zu lassen. Die BR 03 ist eine Pacific-Schnellzuglokomotive, und als solche hat sie ein großes Problem auf ihren drei Antriebsachsen: Riesige Räder. Ergo rast eine analoge BR 03 mit einem Affenzahn über die Anlage, meine lief als analoge Lok "wie Lottchen".

War die BR 03 auf der Anlage, mussten die Fahrtregler in dem von der BR 03 befahrenen Abschnitt ca. auf den halben Stellwert gestellt werden, den eine andere Lok brauchte. Die BR 03 war sehr leicht aus den Schienen zu werfen (blauer Trafo ca. Stellung "180" von 250 reichte da locker bei einem R1...), so dass die Lok nicht sinnvoll mit anderen zusammen im gleichen Stromkreis fahren konnte.

Die Lösung, 1. Teil

Die Lösung sah so aus:

Der ganze Umbau nahm ca. 10 Tage mit 3h Arbeit jeden Tag in Anspruch. Für jede Lok war etwa ein Abend fällig. Die Gesamtkosten lagen bei weit unter 1000 DM, der teuerste Brocken war die CS2.

Die Spannungsversorgung - Ringleitung Modell Farr

Es gibt entscheidende Unterschiede zwischen der Versorgung der Gleise bei Analogbetrieb und bei Digitalbetrieb:

Es gibt allerdings das Problem, dass man dann bei der digitalen Modellbahn viel zu wenige Zuführungen zum Gleis hat. Gerade bei dem M-Gleis das ich verwende sind schon 5m Gleis zu viel, danach läuft die Lok nur noch halb so schnell und Weichen schalten dahinter vermutlich nicht mehr. Also muss man eine saubere Stromversorgung unter der Anlage bauen.

Meine Lösung sah so aus:

  1. Man nehme eine 3-adrige Litze aus dem Baumarkt wie sie für z.B. Staubsauger verwendet wird (= alles was bei 220V für 5A Strom taugt). 1mm² reicht eigentlich, der Leitungswiderstand bringt auch bei 10m Länge nicht wirklich einen großen Spannungsabfall, da nicht der ganze Strom an der entferntesten Stelle gezogen wird.
  2. Natürlich braucht man 2 Adern für B und 0 der Gleisspannung. 0 = braun, B = blau ist verständlich, oder?
  3. Jetzt hat man noch eine dritte Ader (gelb-grün). Da hängt bei mir der übriggebliebene blaue Trafo dran mit braun an 0, und ~ des Trafos liegt an gelb-grün. Fertig ist die Ringleitung für Gleise plus einen separaten Stromkreis für alle Verbraucher, die analogen Strom wollen.
  4. Für den Betrieb von Weichendecodern o.Ä. ist es sinnvoll, nicht 0 und ~ des Trafos zu verwenden, sondern eine Brückengleichrichtung dazwischenzuschalten und auf 0 der CS2 die - der Brücke. Mehr dazu unter "Unidecoder".

Ich halte nichts davon, dass manche Leute sagen "mindestens 3 komplett getrennte Stromkreise, die Loks versauen sonst die digitale Steuerung von Zubehördecodern!". Das ist Unsinn.

Auch eine galvanische Trennung der Spannungen ist nicht wirklich notwendig. Sie wird nur dazu verwendet, ein anderes Problem zu umgehen, für das es aber auch alternative Lösungen gibt.

Es gibt durch die digitale Steuerung ein gewisses Störpotential, das betrifft aber hauptsächlich die sogenannte S88-Schnittstelle für Rückmeldedecoder und hat andere Ursachen.

Die Loks auf dem Gleis stören die Zubehördecoder nicht wirklich. Eine zusätzliche analoge Spannung ist sehr nützlich, z.B. für die Weichenlaternen.

Unidecoder

Was ist ein Unidecoder? -> Naja, die Loks laufen bei mir jetzt digital, aber mit dem was es digital für das Steuern von Weichen und Signalen zu kaufen gibt war ich nicht zufrieden...

Die klassische "digitale Steuerung"

Eine normale Steuerung einer digitalen Modelleisenbahn sieht so aus, dass es eine Zentrale gibt (bei mir die CS2) die die Gleisspannung generiert und bei der alle Steuerungsfunktionen zusammenlaufen, ebenso wie sie die Rückmeldeinformationen aufsammelt (welches Gleis belegt ist und welches frei ist).

Damit diese Aufgabe durchgeführt werden kann, gibt es eine Vielzahl von Elektroniken, die angesteuert werden:

Soweit funktioniert alles, aber es gibt in meinen Augen ein fundamentales Problem: Warum in aller Welt brauche ich zum Steuern der typischen Gleisformation drei komplett verschiedene Decodertypen, auch wenn jeder Typ seine Aufgabe mehr als 1x implementiert hat?

Meine Lösung

Also warum nicht alles in eine sinnvolle Mischung packen und dabei noch Optimierungen treffen?

Weichendecoder: Der Unidecoder hat 8 Ausgänge zum entweder dauerhaften Schalten von Lichtsignalen ohne separate Schaltung oder von 2 Formsignalen und 2 Weichen

Bremsmodul: In den Unidecoder sind 2 Ansteuerungen für Bremsstrecken integriert. Diese sind mit Strombegrenzung und Überlastsicherung ausgestattet, so dass kein Diodenabschnitt nötig ist. Einfach 60 bis 90cm Bremsabschnitt, dahinter noch 20cm Stoppabschnitt (spannungslos damit auch die Loks mit IntelliDrive 75000 nicht durchkommen). Die Bremsabschnitte lassen sich als eine bidirektionalen Bremsabschnitt verschalten.

Rückmelder: Im Unidecoder stecken insgesamt 4 Stromrückmelder und 3 Kontaktrückmelder.  Ein S88-Bus ist enthalten und liefert die Infos an die CS2.

Gegenfahrt: Der Unidecoder wird durch einen Microcontroller PIC16F1786 gesteuert. Dieser wertet die Rückmelder aus und schaltet die Bremsstrecke auf "Fahrt" wenn ein Zug von der Gegenrichtung einfährt. Das Signal zeigt also wie in der realen Welt "Stopp" an wenn ein Zug aus der Gegenrichtung durchfährt.

Die Materialkosten bewegen sich bei Aufbau auf einer Lochrasterplatine bei ca. 20 Euro. Es sind ein paar nette Gimmicks integriert:

  1. Die Spannungsversorgung ist getrennt zwischen Gleisspannung (Steuerung + Erzeugen der Bremsspannung + Gleisspannung bei Signalstellung "Fahrt"), Gleich- oder Wechselspannung (mit nachfolgender Einphasen-Gleichrichtung) für die Ansteuerung von Weichen oder Signalen sowie dem S88-Bus. Es wird aber keine Massetrennung verwendet, alle Massen sind auf Gleismasse bezogen (das einzig sinnvolle Spannungskonzept bei den Mittelleiter-Schienen)
  2. Die Bremsspannungen sind wie gesagt mit einer Überstrombegrenzung von ca. 0.6A versehen. Geht ein Schleifer von B (Gleisspannung) auf B- (Bremsspannung) ergeben sich zyklisch Kurzschlüsse von B nach B-, die ohne Diodenstrecken wie bei den Märklin-Bremsstrecken zu Kurzschlussabschaltungen der CS2 führen würden. Durch das Begrenzen des B--Stroms folgt in diesem Fall die Spannung im Bremsabschnitt der Gleisspannung B, bis der Schleifer komplett im Bereich der Bremsspannung liegt. Es ist keine Diodenstrecke nötig, man spart sich einen ca. 5 bis 20cm langen Bereich der Bremsstrecke, der zudem von den IntelliDrive Deluxe 76200 nur mit halber Geschwindigkeit durchfahren wird.
  3. Die Strombegrenzung "verheizt" die bis zu 40V Spannung in einem Leistungstransistor. Anstatt den aber so zu kühlen, dass er das überlebt habe ich mir einen einfacheren Trick ausgedacht: Eine PTC-Sicherung schaltet den Strom auf der Bremsstrecke komplett ab, falls der Transistor zu warm werden sollte. Das passiert nur dann, wenn man es geschafft hat, den Zug so mit Fahrstufe 0 auf dem Übergang zwischen Normal- und Bremsbereich zu parken, dass der Schleifer die Bremsstrecke dauerhaft kurzschließt. Dann gehen halt die Lichter an der Lok aus, es passiert aber nichts weiter. Erst wenn nach dem Umschalten auf "Fahrt" einige 10s vergangen sind, geht es wieder weiter, aber die Elektronik nimmt keinen Schaden.
  4. Durch ein geschicktes Kombinieren der 8 Ausgangssignale mit der Ansteuerung der Bremsstrecke reicht es, 4 Doppelspulen-Antriebe zu schalten. Die Stellung ("Fahrt" oder "Halt") der Bremsstrecke wird automatisch mitgeführt.
  5. Je nach Konfiguration können einfache Signale (Signalstellung Hp0 / Hp1) oder mehrsymbolige Signale (Halt/Langsamfahrt/Fahrt sowie Rangieren) angesteuert werden und schalten die Bremsstrecken entsprechend.

Im Moment ist die SW schon recht weit. Beim Ausschalten wird der Zustand im EEPROM gespeichert. Der Unidecoder läßt sich programmieren (auch mehrfach). Die ersten Platinen sind aufgebaut und die Modellbahn wird nach und nach auf die Bremsstrecken umgebaut.